In einem Offenen Brief an Parteivorsitzende, die tierschutzpolitischen Sprecher der Parteien sowie die Abgeordneten, legt das Bündnis dar, weshalb ein Ausstiegsplan aus dem System Tierversuch ein gesellschaftspolitisch zentrales Thema ist und damit in jedes Parteiprogramm gehört.
Das Bündnis begründet seine Forderung damit, dass
Deutschland den Anschluss an die moderne humanbasierte Spitzenforschung
verliert, wenn nicht endlich eine Abkehr vom Tierversuch erfolgt. Weitaus
fortschrittlicher sind z.B. die Niederlande, die bereits 2016 einen konkreten
Ausstiegsplan vorgelegt haben (1). Auch Großbritannien, die USA und Norwegen wollen
zumindest in Teilbereichen den überfälligen Paradigmenwechsel hin zu
zukunftsweisenden tierversuchsfreien Verfahren einleiten.
Einer aktuellen Umfrage unter EU-Bürgern zufolge sprechen sich rund drei Viertel der Befragten für einen Ausstiegsplan aus dem Tierversuch mit verbindlichen Zielen und Fristen aus (2). 76 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass die EU mehr Forschungsgelder in die Entwicklung von tierversuchsfreien Verfahren investieren sollte; ähnliche Zahlen ergab eine weitere repräsentative Umfrage aus 2017 (3).
Zudem wird darauf verwiesen, dass laut EU Verfahren mit lebenden Tieren für wissenschaftliche und Bildungszwecke vollständig zu ersetzen sind, sobald dies wissenschaftlich möglich ist (4). Tierversuchsfreie Verfahren werden mit weit weniger als 1% der Forschungsgelder gefördert, während über 99 % in die tierexperimentelle Forschung fließen. Da es sich um Steuergelder handelt, liegt es aus Sicht der Tierschutzvereine, in der Verantwortung der Politik, hier einzugreifen und die tierversuchsfreie Forschung mit höchster Priorität zu fördern.
„Die tierfreie Forschung hat in den letzten Jahren
bewiesen, dass sie ein beeindruckendes Potenzial birgt. Es wäre
unverantwortlich, die Chance zur Weiterentwicklung der biomedizinischen
Forschung zu verschlafen. Die Forschungsförderung muss gezielt umgeschichtet
werden, um Deutschland als Forschungsstandort zukunftsfit zu machen!“, fordert Christina
Ledermann, Vorsitzende vom Bundesverband Menschen für Tierrechte.
Wichtig sei daher, nicht nur verbindliche Ziele und Ausstiegsdaten für die einzelnen Forschungsgebiete auszuarbeiten, eine Gesamtplanung müsse auch ein Umsetzungsmanagement, eine konkrete Finanzierungsstrategie und ein Monitoring-System umfassen.
Dr. Ines Lenk, Vorsitzende von Ärzte gegen Tierversuche, fasst zusammen: „Sowohl wissenschaftlich als auch ethisch gesehen ist der Tierversuch ein Auslaufmodell. Deswegen ist es unverantwortlich, weiter auf die veraltete und ineffektive tierexperimentelle Forschung zu setzen. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, den Ausstiegsplan zu entwickeln und die humanbasierten Methoden mit vereinten Kräften voranzubringen. Dies muss ein fester und verbindlicher Bestandteil der Parteiprogramme sein!“
Zum Auftakt der Bundestagswahlkampagne wurde die
Forderung mittels Fotoprojektion an den Reichstag geworfen, um die
verantwortlichen Politiker auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu machen und
die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
(1) Nationales Komitee für den Schutz von Tieren (NCad). Transition to non-animal research. 2016
(2) In der von Savanta ComRes im Juni 2020
repräsentativen durchgeführten Umfrage stimmten 72% der Befragten in 12
EU-Ländern zu, dass die EU verbindliche Ziele und Fristen für die Abschaffung
von Tierversuchen festlegen sollte. 76% der Erwachsenen in EU-Ländern wünschen,
dass Tierversuche für Haushaltsreinigungsprodukte in Europa verboten werden
sollten. 74% sprechen sich dafür aus, dass Tierversuche für Kosmetika und
Inhaltsstoffe inakzeptabel sind. 66% stimmen zu, dass die EU sofort alle
Tierversuche beenden sollte.
(3) Die im März 2017 veröffentlichte repräsentative
Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Forsa wurde vom dem Verein Ärzte gegen
Tierversuche in Auftrag gegeben. Danach sind mehr als zwei Drittel der
Bundesbürger (69%) der Ansicht, dass die deutsche Bundesregierung dem Beispiel
der Niederlande folgen sollte. 75 Prozent der Deutschen sprechen sich zudem
dafür aus, die tierversuchsfreie Forschung stärker als bisher zu fördern.
(4) Richtlinie 2010/63/EU, Erwägungsgründe 10, 46,
Artikel 47 Absatz 1