Mit der Etablierung von systematischen Reviews stieß sie zunächst auf Widerstand in der wissenschaftlichen Community, aber wie es meist mit neuen Konzepten ist, die erst abgelehnt werden, wurden systematische Reviews nach und nach angenommen und am Ende auch aktiv angewendet. Nichtsdestotrotz muss ein Übergang zu humanbasierten Methoden angestrebt werden, welcher auch wieder Widerstand erzeugen wird. Die Niederlande sehen sich als Katalysator im internationalen Umfeld für diesen Übergang, weshalb auch das niederländische Transition Program to animal-free Innovation (Übergangsprogramm zu tierfreien Innovationen), TPI, in Leben gerufen wurde. Ziel ist es, wissenschaftliche Methoden mit besseren Voraussagen ohne Tierverbrauch zu etablieren. Neben den Universitäten gibt es verschiedene Stakeholder, die das Programm aktiv unterstützen. Da ein Land für sich den Weg nicht allein gehen kann, wird sich auch um internationale Zusammenarbeit bemüht, um z.B. Validierungsverfahren international zu beschleunigen. Zunächst auf EU-Ebene, langfristig auch außerhalb der EU.
Aufgrund der positiven EU-Parlamentsabstimmung zu einem EU-Ausstiegsplan aus dem Tierversuch hat die Radbound University projektbezogen ein Modell entworfen, das die Schwierigkeiten eines Übergangs identifiziert, so dass daraus Prioritäten abgeleitet werden können und wie somit dieser Übergang schneller gelingen kann.
Bei Chemikalien und Pharmazeutika besteht besonderer Bedarf, hier müssen neue Lösungen für Sicherheitsbewertungen her, daher sollte sich zunächst auf NGRA (Next Generation Risk Assessment) konzentriert werden, wobei hier der Ansatz völlig neu gedacht und ohne Tierverbrauch sei – zunächst aber müssen die Vorbehalte der NAMs (New Approach Methods oder Non-Animal Methods) abgebaut werden.
Wissenschaftliche Nachweise allein sind offensichtlich nicht ausreichend für eine tatsächliche Veränderung - es braucht nicht nur verschiedene Methoden, die verfeinert werden müssen, zudem muss die Forschung inter- und transdisziplinär sein – das bedeutet: auch die Gesellschaft muss eingebunden werden. Denn: es braucht zu lange. So wurde der zellbasierte Monozyten-Aktivierungstest (MAT) (zum Nachweis von Pyrogenen, wofür sonst Kaninchen verwendet werden) vor 25 Jahren validiert, wurde aber erst kürzlich in die Pharmakopöe der EU aufgenommen, ist aber immer noch nicht in den USA regulatorisch akzeptiert.
Trotzdem gibt es positive Strömungen: Sanofi-Aventis hat bekannt gegeben, den Tierverbrauch global im Zeitraum von 2020 bis 2030 um ganze 50 % zu senken. Ein Medikament, welches für eine weitere Indikation in klinischen Studien getestet werden soll, wurde von der FDA ohne erneute Tierversuche, nur mit Daten aus NAMs, für die klinischen Studien zugelassen. Eine Publikation zeigt, wie NAMs besser wissenschaftlich akzeptiert werden können. Neben dem US Modernization Act 2.0 sieht man auch auf europäischer Ebene positive Strömungen: eine Roadmap für Chemikalientestungen soll erstellt werden, die EMA (Europäische Arzneimittelagentur) hat eine 3R-Arbeitsgruppe und die ECHA (Europäische Chemikalienagentur) lädt zu einem NAM-Workshop im Frühsommer ein.
Die EU hat zudem E-Learning Programme (ETPLAS) entwickelt, u.a. finden sich dort auch Informationen und Kurse zu NAMs. In den Niederlanden haben die Universitäten ein Statement herausgegeben, in dem sie sich zu Reduktion des Tierverbrauchs bekennen, was hoffentlich auch zu einem veränderten Mindset führt.
Transdisziplinäre Ansätze hat das Projekt mit der Rechtwissenschaftlichen Fakultät der Uni Zürich, in dem die rechtswissenschaftliche Perspektive des Themas angegangen wird, da durchaus auch Gerichte effektiv Tierversuche verhindern und somit als potenzielle Beschleuniger des Übergangs agieren können.